zu schicken um die Einladung dort zu überbringen. Kriemhilde sprach heimlich mit ihnen und verbot ihnen, zu verraten, daß sie jemals sie traurig gesehen hätten. Der Mutter Ute sollten sie nur von ihrem Glücke im Hunnenlande erzählen. So glaubte sie am besten zu bewirken, daß Niemand Bedenken trüge, die Männer ziehen zu lassen. Besonders aber sollten sie dahin wirken, daß Hagen mitkäme. Deshalb sollten sie daran erinnern, daß Niemand die Wege am Maine und an der Donau über Wien bis nach Ungarland hinein so genau kenne als Hagen.
Als die Boten zu Worms ankamen, wurden sie wiederum nur von Hagen als König Etzels Fiedler erkannt. Gunthers Ingesinde empfing sie aufs beste. Dann gingen sie zu dem Könige und richteten ihre Botschaft aus. Hagen sprach jedoch zu den Burgunden: „Wollet Ihr die Fahrt nach Hunnenland nicht unterlassen, so sendet rings umher und lasset tausend Ritter als Eure Reisegefährten auswählen. Nur dann wird Euch Kriemhilde nicht schaden können.“ Da ließ König Gunther die Boten reiten weithin über Land und dreitausend Ritter kamen zu Hofe. Da kam Volker, der Spielmann, mit dreißig seiner Mannen. Viel mehr noch waren ihm unterthan, aber weil er gut fiedeln konnte, wurde er der Spielmann genannt. Hagen wählte selbst aus den dreitausend Rittern die tausend Recken für die Reise aus. Es war keiner darunter, von dem er nicht schon Thaten gesehen hatte. König Etzels Boten verdrossen Hagens Anordnungen sehr, sie wollten täglich abreisen. Aber Hagens Klugheit verhinderte dies, damit sie nicht im Hunnenlande zu früh von den Rüstungen zu Worms erzählen konnten. Erst jetzt wurde ihnen bestellt, daß die Nibelungen kommen würden. Auf Befragen erklärten sie, daß König Etzel für die Festlichkeiten, welche er ihnen geben wolle, die Zeit der Sonnenwende bestimmt habe. König Gunther erlaubte den Boten auch zu Brunhilde zu gehen. Doch diesen Besuch wußte Gernot zu verhindern, weil der erste Gemahl der Königin der Hunnen, Siegfried, von Brunhilde verraten war. Giselher aber führte die Fiedler noch einmal zu seiner Mutter Ute.
Als die Boten nach Hunnenland zurückkamen, war Kriemhilde fröhlich, weil ihre Brüder sie besuchen wollten. Sie fragte aber sogleich, was Hagen zu der Reise gesagt habe. „Er nannte die Fahrt eine Reise in den Tod,“ antworteten die Spielleute. Kriemhilde wußte, wie das gemeint
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/32&oldid=- (Version vom 1.8.2018)