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Leben geführt, wie es denn ein wahres Sprichwort ist: „Was zum Teufel will, das läßt sich nicht aufhalten.“ Begab sich dann also gen Krakau in Polen und fand auf dieser Hochschule seinesgleichen, die mit chaldäischen, persischen, arabischen und griechischen Worten, Figuris, characteribus, coniurationibus und incantationibus umgingen oder wie sonst solche Beschwörung und Zauberei genannt werden mag.

Nach dieser Zeit kam er wieder mit bösen Absichten in einen Wald bei Wittenberg, wo er sich überhaupt am meisten aufhielt und in dessen Nähe er endlich auch starb. Da machte er am Abende zwischen 9 und 10 Uhr mit einem Stabe etliche Zirkel und beschwor den Teufel. Der erhob im Wald einen solchen Tumult, als sollte alles zu Grunde gehen. Viele Bäume legten sich auf die Erde, sodann wurde eine Musik von lieblichen Instrumenten gehört. Endlich aber ist der Teufel mit großem Geplärr selbst erschienen.

Der Geist hatte den Namen Mephistopheles. Der hat versprochen, Faust vierundzwanzig Jahre in allem zu Willen zu sein, falls derselbige sich ihm mit seinem eigenen Blute verschreiben würde. Das ging Faust in einem der Gespräche, die er später mit Mephistopheles hatte, ein. Er forderte aber noch, daß der Teufel stets in Gestalt eines Franziskaner-Mönches erscheine, und vorher einige Zeichen geben solle, damit er ihn nicht erschrecke.

Darauf erschien in Doktor Faust’s Stube ein Löwe und ein Drache, die stritten miteinander, aber der Löwe wurde von dem Drachen besiegt.

Darauf rannte ein Stier gerade auf Faust’s Stirn los, fiel aber vor ihm auf die Kniee und verschwand.

Zuletzt erhob sich ein lieblich Orgelspiel, erst das Positiv, dann die Harfe, Laute, Geige, Posaune, alsdann Krummhörner, Querpfeifen und dergleichen, ein jegliches mit vier Stimmen, also daß Doktor Faustus nicht anders gedachte, denn er wäre im Himmel, da er doch bei dem Teufel war.

Wenn nun Faust einen guten Wein haben wollte, so holte ihm der Teufel solchen aus des Kurfürsten Keller oder vom Bischof von Salzburg. Die warmen Speisen holte er von allen umliegenden Herrschaften. Die Kleider für Faust und seinen Famulus Wagner stahl Mephistopheles bei Nacht in Nürnberg und Augsburg.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/61&oldid=- (Version vom 1.8.2018)