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Da waren etliche Schröter, die wollten ein großes Weinfaß von sechzehn bis achtzehn Eimern aus dem Keller schroten, konnten es aber nicht herausbringen.

Da sprach Doktor Faustus: „Wie stellt Ihr Euch so läppisch!“

Herr Auerbach aber sprach zu seinen Gesellen und auch zu Fausto: „Welcher von Euch das Faß allein herausbringen wird, dessen soll es sein.“

Da ging Faustus in den Keller, setzte sich auf das Faß wie auf ein Pferd und ritt es also schnell aus dem Keller, worüber sich jedermann verwunderte.

Dieses Faß gab er seinen Wandergesellen zum besten. Die luden sich noch viele gute Freunde aus der Stadt dazu und hatten doch viele Tage lang an dem Weine zu schlemmen. –

Einstmals ritt Doktor Faust auf einem wunderbaren Pferde zwischen Prag und Erfurt hin und her, um an einer Gasterei teilzunehmen. Als er von Prag wieder nach Erfurt zurückgekehrt war, richtete er selbst dort eine Gasterei an.

Die Gäste waren aber schon versammelt, da klopfte er mit dem Messer auf den Tisch, und kam einer zur Stube hereingetreten, als ob er sein Diener wäre, der fragte:

„Herr, was begehrt Ihr?“ Doktor Faustus forschte: „Wie behend bist Du?“ Er antwortete: „Wie ein Pfeil.“

Faustus sagte: „Geh wieder hin, wo Du hergekommen bist,“ schlug nach einer kurzen Weile wieder mit dem Messer auf den Tisch und fragte wieder den Diener, der jetzt kam: „Wie schnell bist Du?“ Er antwortete: „Wie der Wind.“

„Du bist auch noch nicht zu gebrauchen,“ sagte Faust, schlug wieder auf den Tisch und es kam ein Geist, der war so schnell als die Gedanken des Menschen. „Nun recht,“ sprach Faustus, „Du wirst’s thun.“

Er stund auf, ging mit ihm hinaus und befahl ihm, welche Speisen er für seine lieben Gäste holen sollte.

Der Geist aber brachte sechsunddreißig Speisen ohne das Obst, Confect und Kuchen.

Alle Becher aber, Gläser und Kannen wurden ledig auf den Tisch gesetzt.

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Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/66&oldid=- (Version vom 1.8.2018)