Seite:Raisonirendes Journal vom deutschen Theater zu Hamburg (1801) Seite 055.jpg

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von allen Fehlern gereinigt, bis zur Vollkommenheit erschöpft hätte, ob er gleich manche einzelne Scene sehr meisterhaft durchführte. In Hamlets Rolle dürfte von Rechtswegen gar kein Fehler einschleichen, denn eben ihre seltne Wichtigkeit vergrößert auch den kleinsten bis zur Verdunkelung des Ganzen. Da man von iedem Schauspieler, der sich an den Hamlet waget, schon im Voraus etwas Großes erwartet: so kann Herr Solbrig, da er hier als guter Schauspieler anerkannt ist, es um so weniger irgend Jemand verargen, der heute von ihm etwas Außerordentliches verlangte, und sich versprach. In diesem Fall befand auch ich mich, und vielleicht eben um deswillen, weil ich meine Ansprüche und Hoffnungen aufs Höchste spannte, wurden sie nicht durchgängig befriedigt.

In der 8ten Scene des I. Acts hätte Herr Solbrig seine innern Empfindungen, den Schmerz über des Vaters Tod, den Unwillen über der Mutter schnelle Wiedervermählung, das Mißtrauen gegen des Oheims erkünstelte Traurigkeit, feiner nuanciren können, als er es durch sein Gebehrdenspiel, und in dem Tone seiner Antworten bewerkstelligte. Sanfte Wehmuth, nicht kochenden Grimm, sollte er durch ersteres ausdrüken, troknen Kaltsinn, nicht grämischen Troz, in leztern legen. Wer Herrn Solbrig in dieser Scene genau beobachtete, und nur aus seinem Aeußern Schlußfolgen