Seite:Raisonirendes Journal vom deutschen Theater zu Hamburg (1801) Seite 056.jpg

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ziehen wollte, konnte leicht auf den Irrthum gerathen, er sey damals schon von Allem unterrichtet gewesen, was er erst nachher in der Unterredung mit dem Geist erfuhr. Nach gleichem Verhältnis declamirte er den Monolog in der 9ten Scene allzuheftig – im schmelzenden, aber nicht im wüthenden, Affect mußte er sich dabey halten. Zum Anfang der 5ten Scene des II. Acts bezeichnete er den schreklichen Eindruk, welchen der erste Anblik des erscheinenden Geistes auf ihn machte, so künstlich, daß ihn die Natur selbst nicht treuer darstellen konnte, und führte dann die Scene bis ans Ende, auch, im richtigsten Zusammenhang mit ihr, die 7te und 8te vortreflich aus. In denen abwechselnden Aeußerungen des verstellten Wahnsinn hielt sich Herr Solbrig durchaus meisterhaft, und stufte iedesmal den Uebergang aus selbigem in seinen wahren natürlichen Zustand sehr expreßiv ab. In der 10ten Scene[1] des III. Acts sollte er den so viel umfaßenden Monolog: „Seyn, oder nicht seyn? etc.“ weniger declamiren, durchaus bis an die Worte: „Aber still! – die schöne Ophelie! –“ im Sentenzenton vortragen, und weit langsamer, als er es that, sprechen, um in iedes Wort die erforderliche Energie legen zu können. Die gleich darauf folgende Unterredung

  1. In der mehrangezogenen Voßischen Edition vom deutsch übersezten Hamlet ist es die 14te.