Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Erster Theil | |
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Auges war, auf eine unangenehme Art unterbrochen. Auffallender wird dieß noch, wenn die Tastungsorgane an einem harten Körper hinfahren, und schnell auf Weichheit fallen; oder umgekehrt, wenn sie beym Streicheln eines sanft zu berührenden Körpers den Widerstand der Härte finden. Eben so widrig ist es dem Ohre, wenn ein Mollton in den reinen Duraccord, ein Durton in den reinen Mollaccord eingemischt wird.
Damit also die reitzende Kraft der äußeren Körper unsere Sensibilität zu Gefühlen der Lust auffordere, wird nothwendig ein Wohlverhältniß zwischen beyden zum Voraus gesetzt, vermöge dessen wir nicht anders afficiert werden, als unsere Einrichtung im Ganzen, oder unsre gegenwärtige Stimmung es zuläßt.
Dieß Wohlverhältniß kann von doppelter Art seyn:
Entweder es liegt in der Ergänzung, Vermehrung, Vervollständigung der einen oder der andern reinen Disposition unserer Sensibilität, der reinen Stärke, der reinen Zartheit;
oder es liegt in der Schöpfung einer neuen Disposition, worin Stärke und Zartheit zusammen wirksam sind, ohne sich einander zu stören.
Die Wirkung des ersten Wohlverhältnisses ließe sich mit dem Wohllaut des Einklangs, (Unisons) vergleichen; die des zweyten mit dem Wohllaut des Zusammenklangs, (der Harmonie.) Jene empfinden wir in den rein spannenden und rein zärtelnden Wollustgefühlen, diese in den üppigen.
Zuerst von den rein spannenden und rein zärtelnden Wollustgefühlen.
Wir müssen annehmen, daß wir das Bewußtseyn von einem Vollständigkeitspunkte für unsere Sensibilität
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Erster Theil. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_1.djvu/130&oldid=- (Version vom 1.8.2018)