Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Erster Theil | |
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flieht den Zustand eines Mangels an gehörigem Zusatze von Stärke zu seiner Zartheit, wodurch er sich erschlafft fühlen würde. Tritt dieß Gefühl ein, so suchen wir Mittel auf, uns im Zustande der Elasticität unserer Lebenskraft, wenn ich mich so ausdrücken darf, zu erhalten. Seht, wie dem rohen Südländer, der so geneigt zur Auflösung seiner Lebenskraft ist, der Genuß erhitzender Nahrungsmittel zum Bedürfniß wird. Seht, wie der rohe Nordländer, der so geneigt zur Anstrengung seiner Lebenskraft ist, ihre Auflösung in heißen Bädern nachsucht.
Wir lassen uns aber nicht bloß daran genügen, das gewöhnte Wohlverhältniß der beyden Dispositionen unserer Lebenskraft, worauf ihre ungehemmte Wirksamkeit beruht, zu bewahren; nein! wir werden zuweilen übermüthig in dem Gefühle unserer Animalität, und ahnden einen Zustand ihrer vollkommensten Wirksamkeit. Wir wollen zu gleicher Zeit gespannt und gezärtelt, empfangend und thätig, und alles dieß im höchsten Grade seyn. Wenn die thierische Ahndung eines solchen überschwenglichen Wohlseyns erwacht, so geräth unsre Lebenskraft in Aufruhr!
Die Gründe der Entstehung dieses Aufruhrs sind vielfach. Wenn er aber durch die Annäherung an lebendige Körper erweckt wird, so ist er gemeiniglich Folge der Ueppigkeit. Da diese bereits in einer gleichzeitig thätigen Spannung und Zärtelung der Sinnenorgane besteht; so ist nichts natürlicher, als daß das Streben nach einem analogen Zustande sich bald unserer ganzen thierischen Organisation mittheile.
Aus was für Ursachen dieser Aufruhr aber auch immer entstehen mag; der Körper, der ihn erfährt,
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Erster Theil. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_1.djvu/145&oldid=- (Version vom 1.8.2018)