Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 1.djvu/189

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Ehrgeitzes, des leidenschaftlichen Strebens nach dem Besitz einer Person vom andern Geschlechte, der Gefallsucht und anderer noch niedrigeren Triebe bezogen wird. So begeistert man sich sehr leicht für berühmte und vornehme Männer, wenn man glaubt, daß die genauere Kenntniß von ihrem Charakter, und oft nur von ihren äußeren Verhältnissen uns bey der Menge auszeichnen wird. Das Bild ihrer Person und ihrer Vorzüge erfüllt dann unsre Seele, wenn sie auch längst verstorben oder abwesend von uns seyn sollten. Eben diese Erscheinung zeigt sich bey demjenigen, der ein Herz zu erobern, die Aufmerksamkeit einer angebeteten Schönen ausschließend auf sich zu ziehen sucht. Ihr lebhaftes Bild wird unser vertrauter Begleiter, mit dem wir in häuslicher Absonderung zusammen leben, das wir immer mit uns herum tragen. Aehnliche Erfahrungen macht der Alchymist und der Geisterbanner, der Schätze zu heben hofft. Er bezieht das Bild der heiligen Zahl oder des Salomonischen Siegels, oder des mächtigen Kobolds als Mittel auf den Zweck seiner Gewinnsucht, und die Folge ist, daß er sich aufs genaueste mit ihm vereinigt, oder, was einerley ist, daß es herrschend in seiner Seele wird. So wird der Erfinder von dem Bilde seines Produkts begeistert, so die Person von warmen Blute von Bildern, die stark auf die Lüsternheit des Körpers wirken, u. s. w.

Von der Begeisterung in allen diesen Fällen trägt die Lüsternheit der Seele, oder die Besessenheit, wie ich sie nenne, etwas an sich, und beruht gemeiniglich auf ihr. Sie geht aber weiter. Sie vergißt, daß es nur ein Bild ist das sie so anschaulich erkennt; sie vergißt, daß sie sich nur mittelst einer Erhöhung der Phantasie so