Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 2.djvu/34

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für unsre Selbstheit oder Sympathie denken, und diesen als den Zustand beachten sollten, warum uns das Bild gefiele. Unsre Aufmerksamkeit bleibt vielmehr von unserm wirklichen Zustande ab, und auf die Eigenthümlichkeiten des äußern Gegenstandes hingeleitet. Was bey den Werken der schönen Künste so auffallend ist, das kann auch bey wirklichen Gegenständen Statt finden. Wer wird es läugnen wollen, daß wir eine vegetierende Frucht, ein lebendes Weib, eine Situation im gemeinen Leben unter gewissen Verhältnissen mit Wollust und Wonne beschauen können, ohne Eßlust, Lüsternheit und Begierde nach wirklicher Theilnehmung zu empfinden?

Ich glaube hierdurch den vorhin aufgestellten Begriff des Schönen gerechtfertigt zu haben: es ist die Form, der Schein der Gegenstände, der auf unser niederes Wesen bey der bloßen Beschauung Wollust und Wonne erweckt.

Ehe ich den Unterschied zwischen dem unbestimmten Schönen und dem ästhetisch Schönen entwickle, sey es mir erlaubt, einen bereits bemerkten Umstand noch einmahl in Erinnerung zu bringen. Das Schöne wird nur dann in der angegebenen eingeschränkten Bedeutung genommen, wenn es dem Edeln entgegengesetzt wird. Sonst wird überhaupt alles, was wollüstig und wonnevoll auf den Beschauungshang überhaupt wirkt, mit dem Nahmen des Schönen bezeichnet.

Das Schöne wird aber dem Edeln in einer doppelten Beziehung entgegengesetzt: Ein Mahl, in so fern wir auf das Wesen und die Bestimmung der Bilder, die unsern Beschauungshang reitzen, überhaupt Rücksicht nehmen, und diese unter sich in Formen und Wirklichkeiten eintheilen: dann, in so fern wir an jedem einzelnen