Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 2.djvu/383

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Gut! aber wie ist den Unglücklichen zu helfen, wie ist ihnen zu rathen? Will der Gegenstand ihrer Liebe und ihrer Eifersucht durchaus sein Betragen nicht ändern, und durch Arbeitsamkeit, Aufmerksamkeit auf sich selbst, erhöhete Behutsamkeit den Zweifeln zu denen seine vorige Aufführung und die ursprüngliche Anlage seines Charakters berechtigen, begegnen; so bleibt nichts anders übrig als zu brechen, und die Verbindung zu endigen. Glücklich werden Menschen dieser Art nie mit solchen seyn, die ein zärteres Gefühl mit hohen Ansprüchen an Tugend und Treue vereinigen; und wo man überzeugt ist, nicht glücklich machen zu können, und sich selbst vergebens aufzuopfern, da ist es Pflicht, die Verbindung aufzuheben. Man behauptet zwar oft, daß man weiblicher Gefallsucht und männlicher Lüsternheit vieles nachsehen müsse. Daß nicht jede Frau, die gern die Aufmerksamkeit anderer Männer auf sich zu ziehen liebt, darum die Treue der Gattin breche; daß nicht jede Verirrung, zu denen die Sinne den Mann verführen, sein Herz der Geliebten raube. Allein diese Regeln der Klugheit, welche auf Ehen gewöhnlicher Art, für Menschen von gröberen Empfindungen passen, werden feiner organisierten Seelen nie annehmlich werden können. Für den Mann, der edel liebt, giebt es nur eine Frau auf der Welt: für die Frau die edel liebt, nur einen Mann. Beyde werden durch die Zärtlichkeit, mit der sie an einander hängen, unempfindlich gegen die Reitze und die Schmeicheleyen aller übrigen Personen von dem nehmlichen Geschlechte werden. Sollte es aber wahr seyn, daß selbst die treueste Liebe vor dem Andringen rascher Triebe nicht sichern kann; so stärkt die Liebe wenigstens unsere Vernunft