Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.1.djvu/183

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daß der gutgesinnte Mensch nicht mit der Zeit der Freund des Mannes werde, der es wohl mit ihm meint. Der Geliebte erstaunt über die Inbrunst der Liebe, mit der der begeisterte Jüngling sich ihm hingiebt, und die alles Wohlwollen übertrifft, was Freunde und Verwandte ihm bis jetzt bezeuget haben.

Nach und nach nähern sie sich einander immer mehr und mehr, und wenn der Liebhaber anhaltend in seinen Bemühungen ist, den Geliebten in Gymnasien und bey andern Gelegenheiten oft berührt, dann wird der letzte ihm mit Liebreitz begegnen, und selbst mit ähnlichen Empfindungen angesteckt werden. Die Wirkung seiner eigenen Schönheit prallt durch das Auge auf ihn zurück. Allein er ahnet mehr als er fühlt. Er weiß nicht was ihm fehlt. Es sind unbestimmte Bilder der Liebe, die er Freundschaft nennt. Er sehnt sich gleichfalls nach der Gegenwart des Liebhabers. Er will, so wie dieser, anblicken, berühren, küssen, neben ihm ruhen, nur mit minderer Lebhaftigkeit. Bald thut er das Alles, und der Führer des Seelengespanns des Liebhabers hat dann viel mit dem brünstigen Rosse zu schaffen, das kurzen Genuß für viel Beschwerden fordert. Das bösartige Roß des Geliebten wird gleichfalls lüstern, obgleich unbestimmt in seinen Wünschen, und weiß dem Geliebten nichts zu verweigern, was dieser fordern wird. Sein besseres Roß und der Führer halten ihn mit Scham und Vernunft zurück. Trägt der bessere Theil den Sieg davon, bleiben sie der Ordnung und der Philosophie getreu, so kommen sie nach und nach auf den rechten Weg, und genießen bereits hier ein glückliches Leben in ihrer Vereinigung. Sie beherrschen sich selbst, und befreyen ihren edleren Theil von dem Einflusse des