Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.1.djvu/248

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Dieß vorausgesetzt, erklärt er nun die Geschlechtssympathie und die Liebe auf folgende Art. [1] „Sie hängt von der Pubertät ab, und fängt an, sich zu äußern, wenn der unnennbare Stoff, der zur Reproduktion der Gattung dient, seine Reife erhält. Die zunehmende Lebenskraft bringt jenen Stoff in Bewegung, und verbreitet ihn durch den ganzen Körper. Wenn nun Bilder anderer Körper, die den Abdruck schöner Formen und Farben [2] an sich tragen, (und welche sowohl männliche als weibliche Personen abwerfen können,) [3] unser Innerstes durchdringen, so erhalten wir eine Wunde die in ihren Erscheinungen derjenigen ähnelt, die wir durch einen wirklichen Streich von einem fühlbaren, soliden Körper empfangen. Denn so wie unser Körper nach der Wunde zufällt, und so wie das Blut nach der Seite seine Richtung nimmt, woher der Streich kommt, und den nahen Feind überströmt; eben so wirkt auch das Streben dessen, was Lukrez als den letzten Grund der Geschlechtssympathie ansieht. Der Anstand verbietet mir, in die genauere Vergleichung beyder Erscheinungen, die er sehr weitläuftig auseinander setzt, hineinzugehen. Genug! dieß, sagt Lukrez, ist der Grund der Geschlechtssympathie; (Venus) Daher der Nahme Liebe; (amoris nomen,) daher das erste süße Gefühl, das sich in unser Herz ergießt, und auf welches hernach quälende Sorgen folgen.“


  1. Lucretius de rerum natura. Lib. IV. vers. 1024. seqq.
  2. Simulacra – nuncia praeclari vultus, pulchrique coloris.
  3. V. 1046. seqq.