Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.2.djvu/171

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Augen, weil sie allemahl mystisch religiöse Gründe und Zwecke bey dem liebenden Zuge der Menschen zu einander voraussetzten.

Ich kann mich jedoch nach dem mir einmahl vorgesetzten Zwecke um so weniger der Pflicht entledigen, meinen Lesern Einiges von den Ideen der Schriftsteller aus der damahligen Zeit vorzulegen, als ihre Lehren gewiß auf die Ausbildung der Galanterie den größten Einfluß gehabt haben.

Der wichtigste ist Marsilio Ficino oder Ficinus. Man darf sagen, daß dieser Kommentator des Plato beynahe allen[WS 1] seinen Nachfolgern den Stoff zu ihren Ideen geliefert habe. In seinem Kommentare über das Gastmahl des Plato [1] erklärt er die Liebe für das Verlangen nach Schönheit. „Die Vereinigung des Mannigfaltigen nennt er Schönheit, und setzt drey Arten derselben fest, die geistige, welche aus der Vereinigung mehrerer Tugenden entsteht, die körperliche, die ihren Grund in der Vereinigung der Farben und Linien hat, und endlich die Schönheit der Töne, die in der Vereinigung der Konsonanzen und Accorde besteht. Diese drey Arten der Schönheit werden durch den innern Sinn, und durch die äußern des Auges und des Ohres erkannt und genossen. Wenn wir mit den übrigen Sinnen begehren, so ist dieß nicht Liebe, sondern eine übelgeordnete Neigung oder Wuth. Die Liebe flieht die Wollust des Geschmacks und der Berührung. Jeder wahrhaft Liebende ist gerecht


  1. Ich habe eine französische Uebersetzung vor mir gehabt, die von Symon Silvius, dit J. de la Haye, valet de Chambre de Marguerite de France Royne de Navarre verfertigt und zu Poitiers 1546 heraus gekommen ist.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: alle (siehe Verbesserungen)