Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.2.djvu/189

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

mit der klassischen Litteratur sehr bekannt, und er läßt nicht leicht eine Gelegenheit vorbey, diese Kenntniß durch Citate zu zeigen.

Der Geist der irrenden Ritterschaft ist hier bereits mehr ausgebildet, als in den früheren Romanen. Die Gebräuche bey der Aufnahme in den Orden dieser Ritterschaft haben eine bestimmtere Form erhalten: die Ritter weihen sich dem Dienste der Damen mit mehrerer Förmlichkeit, und geben ihnen öffentlichere Beweise ihrer Huldigung. Der Ausdruck der Leidenschaft ist bey den Männern bis zum Ekel schmelzend und weinerlich empfindsam. Die Helden fallen in Ohnmacht bey dem bloßen Gedanken an ihre Damen: ihre Seele quillt unter häufigen Thränen aus ihren Augen heraus, und selbst in den Augenblicken, worin sie die größten Beweise von Gegenliebe erhalten, glauben sie im Gefühl ihrer Unwürdigkeit verzweifeln zu müssen. Aber so abhängig die Liebhaber von ihren Geliebten dargestellt werden, so eifersüchtig diese darauf sind, den Werth der Damen über ihr eigenes Verdienst zu setzen; so wenig interessant werden doch die Weiber geschildert. Die besten sind gutherzige Geschöpfe: viele sind ausschweifend, grausam und undankbar. Die Gräfin von Solandra dringt sich unter andern selbst dem König Perion auf, und erlangt seine Umarmung durch die Drohung, sich im Weigerungsfalle selbst zu erstechen. Schön ist die Stelle, worin Oriane ihrem Amadis die Erlaubniß giebt, ein neues Abentheuer zu bestehen. Es ist billig, sagt sie, daß ich eure Ehre meinem Vergnügen vorziehe. Dagegen zeigt sie sich höchst ungerecht in ihrer Eifersucht, und unterschreibt den Brief, worin sie sich von ihm