Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils zweyte Abtheilung | |
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mit dem Auftrage, ihn durch Eröffnung des Inhalts ihrer Beichte von der Aufrichtigkeit ihrer Gesinnungen und der Ungerechtigkeit seines Verdachts zu überzeugen. [1]
Aber vieles von dieser Schwärmerey gehörte nicht sowohl der Liebe, als einer thörichten Jactanz, und dem Stolze, die abentheuerlichen Begebenheiten und Gesinnungen der Ritterromane zu realisieren. Geniesüchtige hat es zu allen Zeiten gegeben. Zu diesen würde allenfalls die Brüderschaft der verliebten Bußfertigen gehören, die unter dem Nahmen Galois und Galoises bekannt ist, wenn nicht ihre wirkliche Existenz auf dem höchst verdächtigen Zeugnisse des Ritters de la Tour beruhte. [2] Diese Thoren sollen nach dem Grundsatze, daß die Liebe hinlänglich erwärme, allen Schutz gegen Kälte verschmäht haben, und im Winter erfroren seyn.
So wenig sich die Natur dieser Verbindungen im Einzelnen bestimmen läßt, so sicher darf man die pomphaften Beschreibungen der allgemeinen Denkungsart darüber, welche neuere Schriftsteller aufgestellt haben, für unwahr erklären. Auffallend unwahr ist es, daß der Ausspruch der Frauen über den Werth des Mannes je in der Maße entschieden habe, daß ihr Urtheil von dem Publiko erwartet, und unbedingt angenommen sey. Eben so auffallend unwahr ist es im Allgemeinen, daß die Geschlechtsverbindungen rein
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils zweyte Abtheilung. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_3.2.djvu/255&oldid=- (Version vom 1.8.2018)