Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.2.djvu/260

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Privathäusern, Belustigungen für alle Tage, Zusammenkünfte zu einer Unterhaltung, wozu Jeder einen persönlichen Beytrag durch solche Talente lieferte, die ungefehr von jedem Menschen aus den höheren Ständen zu erwarten sind; die kannte man nicht. Der Stoff zur Unterredung war äußerst mangelhaft. Für die höheren Stände waren außer dem Kriege wenig Geschäfte. Jagd ward die Unterhaltung des Friedens, und wenn man Lektüre suchte, so bestand sie in Ritterromanen. Die Gattinnen der Großen saßen zwischen ihren Hofdamen, beschäftigt mit der Sorge für ihren Putz und mit Handarbeit, unterhalten durch Musik und durch eben jene Romane. Feste bey feyerlichen Gelegenheiten waren die einzigen Gelegenheiten, um mit Männern zusammen zu kommen. Franz der Erste führte zuerst die Damen seines Hofes in die Zirkel ein, wo sich beyde Geschlechter zum Spiel und zur Unterredung in größeren Haufen an bestimmten Tagen vereinigten. [1] Wie förderlich war diese ganze Lage der Neigung nach Verbindungen, woran das Herz und die Imagination Antheil nehmen können! Schon das Klima fordert die südlichen Nationen dazu auf, wenn nicht durch fremde Sitten ihre ursprüngliche Anlage verdreht wird. Einsamkeit und Muße befördern diese Anlage, und noch mehr die Wahl solcher Unterhaltungen, welche entweder der Imagination freyen Spielraum lassen, oder sie gar noch mehr beflügeln. Welche Beschäftigung lag nicht darin, auf die Mittel zu sinnen, eine wahre oder angenommene Leidenschaft sinnreich an den Tag zu legen! Welche Plane die


  1. Vergl. St. Palaye und Alexanders history of Women.