Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.2.djvu/290

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mithin bloß egoistische Gründe, sollen uns zur Liebe einladen. [1]

Helvetius hat in seinem Buche sur l’esprit, (einer Sammlung von Paradoxen und Anekdoten, deren Berichtigung nur darum schwer ist, weil sie zu weitläuftig werden würde, und beynahe jeden Perioden umfassen müßte,) die Freundschaft geradezu für die Wirkung des gröbsten Eigennutzes, und die Liebe für den Trieb nach physischem Vergnügen erklärt. Leider! muß man sagen, daß nach der Art, wie beydes unter dem großen Haufen in Frankreich getrieben wurde, viel Lokalwahres in diesen Behauptungen liegt.

Rousseau wird der Plato unsers Jahrhunderts genannt. Möglich! Man sagt, er sagt es selbst von sich: er sey der Liebendste der Menschen gewesen! Unmöglich!

Rousseau kannte den Rausch der Sinne und der Imagination: er kannte den Trieb nach engerem traulichen[WS 1] Zusammenleben mit der Gattin: hinreißende Stellen in seinen Schriften schildern den Einfluß der Geschlechtsverbindung auf Seelenerhebung; aber – wahre Liebe und Zärtlichkeit hat er nie gekannt.

Rousseau’s Lebensgeschichte liefert eine Gallerie von Gemählden, worin alle verschiedenen Wirkungen der Geschlechtssympathie, alle verschiedenen Arten der Vereinigung mit Weibern, bis auf die einzige noch, die auf wahrer Liebe beruht, vorkommen. Aus ihr


  1. Essays sur divers sujets interessans de Politique et de Morale 1761 ohne Druckort. T. I. Ess. 2. sur l’amour et la Jalousie.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: traulichem (siehe Verbesserungen)