Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.2.djvu/96

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Verschiedene Stellen deuten auf einen Unterschied zwischen den Verbindungen mit vornehmern Damen und denen mit Weibern aus einer niedrigern Klasse hin. Guillaume de St. Gregory wirft in der schon angeführten Stelle die Frage auf: welche Personen den Vorzug in der Liebe verdienen, eine vornehme Dame, die gewisse Freuden ausnimmt, oder ein Frauenzimmer von gewöhnlichem Stande, das Alles, ohne Einschränkung hingiebt? Deudes de Prades sagt von sich: er sey in eine Dame verliebt, von einer Person aus dem Mittelstande geliebt, und er finde noch außerdem sein Vergnügen bey den Freudenmädchen. Peyrols rühmt sich seiner Weisheit, seinen Ehrgeitz beschränkt, und sich von einer vornehmen Dame zurückgezogen zu haben. Er findet sich weit behaglicher bey einer Frau von niedrigem Stande, die oft von ihrem Manne Schläge bekommt, und dann Trost in seinen Armen sucht.

Nur unter der eben angenommenen Voraussetzung, daß nehmlich jene edlere Liebe hauptsächlich zur Unterhaltung der Höfe diente, und den Stoff zu denjenigen Gedichten hergab, die unmittelbar an die Fürstinnen und an andere Damen von hohem Stande gerichtet waren, oder wenigstens als an sie gerichtet angesehen werden konnten, läßt sich die außerordentliche Verschiedenheit der Grundsätze in den Gedichten eines und des nehmlichen Troubadours erklären. Es mußte nehmlich in den verliebten Gedichten bald eine eigene Gattung von Situationen ausmachen, wenn der Dichter sich in die Stelle eines Liebhabers von geringem Herkommen setzte, der eine Dame von höherm