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Ludwig Rellstab: Empfindsame Reisen: Nebst einem Anhang von Reise-Berichten, Skizzen, Episteln, Satiren, Elegien, Jeremiaden, usw., Band 2

und sie für unantastbar heilig hält. Indessen ist der Begriff ziemlich einfach, und gewiß, daß Gott den Bauer und Bürger nicht schuf und zur Lastthierarbeit bestimmte, damit Affen und Laffen von sogenanntem Stande, Lords, Barone, Grafen und etliche drüber oder drunter in Kissingen und andern Badeorten schwelgen, Hunderttausende für schaale Narrheiten vergeuden können. Hoffentlich werden nicht zehn Jahre vergehen, und der deutsche Bauer begreift das so gut wie der französische, und nimmt Spaten und Karst und schlägt – –

Sind das aber Jeremiaden? Freilich, aber andere, als solche, die ich schreiben wollte, andere, als Kissinger Reise-Jeremiaden. Aber so gut wie ich mich durch das flachköpfige und leerherzige, giftige Narrenvolk schlagen mußte, um in die Gassen von Kissingen einzufahren, eben so muß sich auch der Leser durcharbeiten, um zu dem andern Ende zu gelangen. – Ich fuhr vor den ersten Gasthof – alles gedrängt voll; vor den zweiten, – es war vor Fuhrleuten und Wagen nicht einmal bis an die Thür zu kommen, geschweige hinein, – vor den dritten. –

„Kann ich hier ein Unterkommen finden?“

„O ja, mein Herr! Es ist noch ein Zimmer offen.“

Der Kellner springt voran; um den Wagen und

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Rellstab: Empfindsame Reisen: Nebst einem Anhang von Reise-Berichten, Skizzen, Episteln, Satiren, Elegien, Jeremiaden, usw., Band 2. Brockhaus, Leipzig 1836, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Rellstab_Empfindsame_Reisen_2.pdf/93&oldid=- (Version vom 1.8.2018)