Laute auf den erbleichten Lippen … mit verdrehten Augen … Doch plötzlich weckte er sich, gebannt von dem stahlharten, hypnotisierenden Blicke Yoes, und verfiel wieder in Schlaf.
„Du wirst bis zum Morgen fest und ruhig schlafen und wirst gesund erwachen, – du erinnerst dich an nichts mehr, an nichts!“ suggerierte ihm sein Freund mit aller Kraft, während er lange einschläfernde Handbewegungen über ihm machte.
Der Arzt wollte protestieren, aber es war schon zu spät. Zenon war in einen steinernen Schlaf verfallen, taub gegen alle Zurufe und Versuche, ihn zu wecken.
„Du hörst mich allein, verstehst nur mich und antwortest nur mir,“ flüsterte ihm Yoe zu und preßte mit den Fingern seine Augen und Schläfen.
„Ich wünschte, daß er ein wenig ausruhte und Nahrung zu sich nähme; er ist fürchterlich erschöpft,“ rechtfertigte sich der Arzt.
„Ich wartete auf sein Erwachen, um ihn sofort einzuschläfern, ehe das Bewußtsein in ihm erwachte, – später wäre es zu spät, niemand wäre dann imstande, die erwachten Gedanken zu bändigen.“
„Kann man denn den Gedanken so einschläfern, daß er, wenn er aufwacht, sich an nichts mehr erinnert?“
„Aber man kann ihn herausreißen und im Vergessen ertränken.“
„Ein interessantes Experiment, doch scheint mir der Erfolg zweifelhaft.“
„Es ist durchaus notwendig für seine Rettung und das Sicherste!“ sagte Yoe hart.
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/172&oldid=- (Version vom 1.8.2018)