„Nein, nein!“ Er wehrte sich schwach, denn Betsy in ihrem Vertrauen, in ihrer Liebe zu ihm tauchte in seiner Erinnerung aus wie ein Rosenstrauch.
„Kehre in die Heimat zurück mit deinem Weibe, wir werden bald eine Polin aus ihr machen!“ sagte sie, seine verborgene Sorge erratend. „Das wird sogar besser für uns alle sein! In ihren Augen schimmerten Tränen, ein schwerer Seufzer hob ihre Brust, doch er sah es weder, noch fühlte er es, denn er sagte:
„Ich habe auch schon daran gedacht!“
Sie verließen das Museum und fuhren nach Hause.
Der widerliche, gelbe, kalte Nebel ergoß sich über die ganze Stadt wie ein schmutziges, getrübtes Wasser, durch das kaum die schwärzlichen Umrisse der Häuser und Menschen zu sehen waren. In den engeren Straßen brannten, trotzdem es Mittag war, die Laternen, und das nie ruhende Getöse der Stadt drang dumpf dröhnend durch den Nebel.
Ada beobachtete unter den gesenkten Lidern hervor sein nachdenkliches, versonnenes Gesicht. Sie fühlte, daß er weit fort von ihr war, wer weiß wo, und das erfüllte sie mit grenzenloser Trauer. Hatte er doch auf all ihre Liebe nicht ein wärmeres Wort der Entgegnung gehabt. Doch sie unterdrückte Schmerz und Verzweiflung, die ihr das Herz zerrissen, und fragte sanft, während sie seine Hand berührte:
„Woran denkst du?“
„Es ist schwer zu sagen, – an alles und an nichts zugleich.“
Sie versank wieder in schmerzhaftes Schweigen.
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/240&oldid=- (Version vom 1.8.2018)