Seite:Reymont - Der Vampir.djvu/251

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Volksmassen entrollt und war bei dieser Gelegenheit leidenschaftlich über die Männer, ihr Lasterleben und ihren Egoismus hergefallen.

Mr. Bartelet verspottete sie mit Überlegung und unterhielt sich dabei köstlich.

Das Gespräch wurde immer lebhafter, denn auch Yoe, der gewöhnlich schwieg, begann, übrigens aus Rücksicht auf den Vater ein wenig vorsichtig, zu beweisen, daß die Wurzel des moralischen Verfalles im Kapitalismus liege, in der Verkommenheit der herrschenden Klassen und der allgemeinen Materialisierung der Menschheit. Und schließlich griff er das Christentum an, als den Verbreiter von Irrtümern und gesellschaftlichen Lügen, indem er ihm die reine Lehre Christi, wie sie die Evangelien enthielten, gegenüberstellte. Miß Ellen unterstützte ihn eifrig, sagte verschiedene heilige Sprüche her und rief schließlich erhitzt und unerschrocken, nur das Evangelium könnte die Welt erlösen.

Zenon hatte sich die ganze Zeit hindurch mit Betsy über seine Verwandten unterhalten, die er am nächsten Sonnabend zum Tee mitzubringen versprach, aber durch Yoes Ausführungen und die weinerliche Stimme der Miß Ellen gereizt, bemerkte er bitter:

„Nicht das Evangelium beherrscht die Menschheit, sondern nur der Stock, die Übermacht und die Angst. Das Strafgesetzbuch, das mit Gefängnis und Galgen droht, hat mehr moralischen Einfluß auf die Menschenherde als alle Religionen zusammengenommen. Und keinen Messias, keinen Erlöser braucht und

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Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 251. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/251&oldid=- (Version vom 1.8.2018)