Ihn machte nicht einmal ihre sonderbare, trockene Stimme stutzig.
„Aber du mußt mir offen und ehrlich sagen, wie sie dir gefällt!“
Sie versprach es feierlich, lenkte aber das Gespräch auf einen anderen Gegenstand.
Und damit war es beendet, und weder an dem Tage noch an den folgenden berührten sie diese Frage, sie gingen völlig auf in den Plänen zu einem großartigen Christusmysterium, das er zu schreiben beabsichtigte. Und er war so hingerissen von dieser Idee, daß er alles, was um ihn her geschah, wie unsinnige Bilder eines Kinematographen ansah.
„Weißt du, ich fühle mich, als wäre ich schwanger,“ sagte er eines Tages zu Ada, als sie sich begrüßten. „Ich habe an zweihundert Menschen in mir, die alle das Licht der Welt zu erblicken verlangen. Du hast keine Ahnung, wie furchtbar mir manchmal in diesem Gedräng zumute ist. Heute gegen Morgen umringten mich die Bauern … sie wollen nach Rom ziehen.“
Ada, die diese Sprache verstand, fragte gespannt:
„Und wirst du sie ziehen lassen?“
„Ich muß! Mögen sie diese gemeine heutige Zeit zermalmen! Er wird sie führen, die Welt zu erobern, um sein himmlisches Königreich zu befestigen. Der entscheidende Kampf wird auf der Engelsburg in Rom gekämpft werden, dort werden sie alle Könige und Herren der Welt belagern! Ein furchtbarer Kampf um die Herrschaft über die Welt und das Leben, der Kampf um das ‚morgen‘.“
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/257&oldid=- (Version vom 1.8.2018)