„Ich werde ihn jetzt immer auf sie hetzen, wenn sie so schlecht ist!“ rief sie böse. „Denn siehst du, Onkelchen, sie kommt, setzt sich hierhin, wo du jetzt sitzst, und sieht mich so furchtbar an, und wenn ich auch die Augen zumache und den Kopf in den Kissen verstecke, so sehe ich doch immer, wie sie mich anschaut; dann wird mir so angst, und es geht etwas so Schreckliches mit mir vor, daß ich es dir gar nicht erzählen kann … Ich kann mich dann weder rühren, noch Mama rufen, gar nichts … Und warum erschreckt sie mich so?“ jammerte sie, sich an ihn schmiegend, als fürchte sie sich.
„Fürchte dich nicht, sie wird nicht mehr kommen … Du mußt nicht mehr daran denken …!“
Ada kam herein und bat Zenon zum Tee.
„Mama, Onkelchen wird jetzt jeden Tag kommen!“
Als er sie zum Abschied küßte, flüsterte sie ihm ins Ohr:
„Denn sonst würde ich dich nicht lieb haben, Onkelchen!“
Er ging hinaus, mit Sorgen im Herzen, und ließ seine leeren Augen lange umherschweifen.
„Miß Betsy ist nach Hause gegangen. Sie wollte Sie nicht stören mit Abschiednehmen, und dann hatte sie es sehr eilig, denn Mr. Bartelet hat heute wieder einen Anfall gehabt, und Yoe ist irgendwohin verreist.“
Er hatte es nicht einmal bemerkt, daß sie nicht mehr da war, er war ganz in Gedanken über den Zustand des Kindes versunken. Es herrschte eine peinigende Stimmung, aller Augen waren unruhig;
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/283&oldid=- (Version vom 1.8.2018)