Lichtscheine woben. Und alle bewegten sich anders, sie flossen gleichsam über der Erde hin. Das Geräusch der Stadt aber wurde zu einer wogenden unendlichen Melodie … Jede Stimme tönte einzeln heraus, und zusammen bildeten sie einen Chor von himmlischen Klängen. Sogar die Mauern nahmen Azurfarbe an und reckten sich hoch zum Himmel. Alles, worauf er blickte, hatte denselben rätselhaften Ausdruck, überall verbarg sich ein anderes Leben, ein fremdes, nicht enträtselbares, und überall lugte das beunruhigende Geheimnis hervor …
Er wunderte sich über nichts mehr, er dachte nur ängstlich:
„Und vielleicht ist’s auch so, wie es mir vorkommt!“
Als er durch den Park ging, rauschten die Bäume, er blieb stehen.
„Was reden sie?“ Ein brüderlicher Blick umfing die wirren Zweige.
Der Park wogte und rauschte das stille, geheimnisvolle Lied der Abenddämmerung.
„Was? Was?“ fragte er gerührt, denn es war ihm, als kämen diese schwarzen Riesen auf ihn zu und reichten ihm ihre knorrigen Äste.
„Nie, nie werden wir uns verständigen können!“ seufzte er klagend.
Ein Vogelschwarm zog seine Kreise immer tiefer über dem Park, so daß er den Flügelschlag im Gesicht spürte und die geöffneten Schnäbel und die funkelnden Augen sehen konnte. Sie ließen sich neben ihm nieder, und einige setzten sich auf seine Arme und krächzten lange und unerschrocken. Er lauschte diesen
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 304. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/304&oldid=- (Version vom 1.8.2018)