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Nichts von Alledem: keine natürliche Geberde, keine freie Bewegung ist uns gestattet. Kaum ist’s uns gestattet zu leben, denn alles Leben bedingt schon eine gewisse Unabhängigkeit, und wir sind ja Nichts, als das leblose Räderwerk dieser scheußlichen Unterdrückungs- und Eroberungs-Maschine, die man Russisches Reich nennt. Nun wohl, meine Herren, denken Sie sich eine Seele in einer Maschine, dann werden Sie sich vielleicht eine Vorstellung von der Unermeßlichkeit unserer Leiden machen können. Keine Schande, keine Qual, die wir nicht zu erdulden hätten; das ganze Unglück Polens lastet auf uns, aber ohne seine Ehre.

Ohne seine Ehre, sage ich, und ich vertrete diesen Ausdruck, so weit er sich auf das regierende, das offizielle, das politische Rußland bezieht.

Eine schwache, entkräftete Nation bedarf vielleicht des Lug’s und Trug’s, um die elenden Reste einer dem Untergang nahen Existenz zu stützen. Aber Gott sei Dank, Rußland ist so weit nicht. Nur an der Oberfläche ist die Natur dieses Volks verdorben: kraftvoll, mächtig und jung, braucht es nur die Hindernisse wegzuräumen, die man ihm in den Weg zu stellen wagt, um sich in seiner ganzen natürlichen Schöne zu zeigen, um alle seine ungekannten Schätze zu entwickeln, um endlich der Welt zu beweisen, daß das russische Volk nicht im Namen der brutalen Gewalt, wie man gewöhnlich denkt, sondern im Namen alles Dessen, was es Edles und Heiliges im Leben der Nationen gibt, im Namen der Menschheit, im Namen der Freiheit, das Recht des Daseins hat.

Meine Herren, Rußland ist nicht blos unglücklich, es ist auch unzufrieden; seine Geduld geht zu Ende. Wissen Sie, was man sich sogar am Hofe von St. Petersburg

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Michail Alexandrowitsch Bakunin: Rußland wie es wirklich ist!. Verlag von Heinrich Hoff , Mannheim 1848, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ru%C3%9Fland_wie_es_wirklich_ist.djvu/011&oldid=- (Version vom 1.8.2018)