Die Kugel darf aber, sobald sie unten auf dem Pflaster aufsitzt, nicht zu fest eingerammt werden, sie schlägt sich sonst oben ganz breit und zerdrückt auch vollkommen die feinen Pulverkörner; es genügt, wenn sie nur eben fest, daß kein Zwischenraum bleibt, auf dem Pulver aufsitzt. Man überzeugt sich davon leicht, wenn man den Ladestock hinabfallen läßt; springt er herauf, so hat die Kugel unten in dem Pulver ihren Widerstand gefunden. Nur die Vorsicht möchte ich noch anempfehlen, sich an Lade- oder Setzstock ein Zeichen zu machen, wie tief derselbe bei einer ordentlichen Ladung in den Lauf geht, denn, ist die Büchse sehr schmutzig, so kommt es wohl auch manchmal vor, daß sich die Kugel so fest klemmt, den Ladestock wirklich zurückspringen zu lassen, ohne daß die Kugel unten angelangt ist; ein Blick auf den Einschnitt giebt dann gleich die Ueberzeugung.
Die Büchse ist nun geladen und ein Ziel soll in’s Auge gefaßt werden. Hier aber nun, wo es auf einen weit genaueren Schuß abgesehen ist, als bei der Muskete oder Bayonnetflinte findet sich auch in dem, inmitten des Laufes angebrachten Visier eine besondere und akkuratere Vorbereitung. Das Auge fliegt nämlich jetzt nicht mehr gleich und ungehindert nach dem Korn hinüber, sondern muß sich erst, durch das Visier hindurch seine Bahn suchen, was natürlich die Ursache eines langsameren, aber auch weit genaueren Schießens wird. Das Zielen mit der Büchse theilt sich aber wieder in mehrere Unterabtheilungen – in feines, grobes und gestrichenes Korn; das heißt: der Schießende muß genau wissen, wie er es mit dem Pulver, was er geladen, zu halten hat, damit die Kugel genau den Punkt trifft, den er im Auge hat. Ein feines Korn heißt es dabei, wenn er in dem Einschnitt des Visiers nur eben den Schimmer des vornstehenden Korns erblickt – ein grobes, wenn dasselbe schon deutlich hervortritt, aber das Visier noch nicht ausfüllt, und ein gestrichenes, wenn der obere Rand des gewöhnlich hellen Kornes so hoch in dem Ausschnitt des Visiers kommt, daß es mit dieses oberen, horizontal laufenden Rande vollkommen gleich steht. Dieß gestrichene Korn ist denn auch für den Ungeübten sowohl, wie überhaupt für schnelles Schießen das Beste, man braucht nicht erst lange abzucirkeln, hat gleich das Maaß am Visier vor sich, und ist augenblicklich fertig. Das Ziel muß man dabei aber ebenfalls, wie ich schon beim Flintenschießen erwähnte, aufsitzen lassen, d. h. man fährt mit dem gestrichenen Korn aufwärts und berührt den Drücker sobald man dicht unter dem Gegenstand anlangt. Es ist nämlich zum sicheren Schießen ungemein vortheilhaft, wenn man die Mündung zu dem Punkt den man sich zum Ziel gesteckt, langsam erhebt. Während dem in die Höhe richten, behält das Gewehr stets eine feste Lage, sowie es aber in horizontaler Lage festgehalten wird, beginnt auch schon das Abwanken zur rechten und linken. Kommt man also beim Emporheben nicht ganz gut ab, das heißt: hat man, bis man die Mündung der Büchse bis zu ihrem Ziel erhoben, dasselbe nicht
Friedrich Gerstäcker: Schießwaffen. Otto Wigand, Leipzig [1848], Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schie%C3%9Fwaffen-Gerstaecker-1848.djvu/11&oldid=- (Version vom 1.8.2018)