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sich für die Verschmähung zu rächen – schwerlich. Die Eboli dagegen raisonnirt als echte Spanierin, die die Theorie der Entsagung nicht kennt, und mit dem richtigen Schönheitsstolz der Frau, wenn sie von Carlos’ Verhältniss zur Königin sagt:

Dass er ganz ohne Hoffnung lieben sollte!
Ich kann’s nicht glauben. – Hoffnungslose Liebe
Besteht in diesem Kampfe nicht. Zu schwelgen,
Wo unerhört der glänzendste Monarch
Der Erde schmachtet. – Wahrlich! solche Opfer
Bringt hoffnungslose Liebe nicht.

Opfert sie aber der Liebe rücksichtslos alles, so thut sie es auch für die Rache; ihr ganzes Naturell malt sich durch die Art, in der sie der ihrigen erwähnt:

 Es kostet
Mir einen ungeheuern Preis, doch – das
Entzückt mich, das ist mein Triumph – doch ihr
Noch einen grössern –

und Posa urtheilt ganz richtig, wenn er zweifelt, dass sie es je vergeben könne, verschmäht zu sein:

 Liebe war
In ihre Tugend wörtlich einbedungen.
Du hast sie nicht belohnt – sie fällt.

Der Instinct der Frauen ist scharf und sie beurtheilen einander selber viel richtiger, als es die Männer thun. So fühlt denn auch die Eboli, sobald sie mit der Königin von Carlos spricht, heraus, dass ihn diese nicht liebt, und von diesem Augenblicke an erwacht ihre Leidenschaft für ihn wieder von neuem und die wildeste Reue, als sie ihn bedroht sieht durch ihren Fehltritt. Ob aber der Zug, dass sie es bis zur Verehrung derjenigen bringt, die in seinem Herzen doch, wenn auch ohne es zu wollen, ihre Nebenbuhlerin ist, nicht eher einer deutschen, als einer südlich leidenschaftlichen Natur angehöre, das freilich müssen wir dahingestellt sein lassen.



Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/157&oldid=- (Version vom 1.8.2018)