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OCTAVIO PICCOLOMINI.
(Wallenstein.)


Den meisten Beschauern unserer Darstellungen wird die des Octavio eine Enttäuschung bereiten. Sie werden sich den alten Fuchs wol lang, unmässig hager, finster, womöglich mit kahlem Schädel vorgestellt haben, und finden nun einen stattlichen, dicken, höchstens etwas schlangenartig blickenden Herrn vor sich. Der Künstler gesteht offen, dass er sich denselben ebenso wie sie ausgemalt hatte, schon darum, weil man ihn auf dem Theater gewöhnlich so geben sieht; und erst die Bekanntschaft mit den Porträts des historischen Octavio, wie sie noch vielfach und zum Theil vortrefflich existiren, brachte ihn auf eine andere, diesen mehr entsprechende Auffassung. Die ruhige Kälte, der Grundton im Charakter des weltgewandten Octavio verträgt sich sehr gut mit einer vortrefflichen Verdauung, ein dickes Gesicht verbirgt im geschmeidigen Fett die gefährlichsten Gedanken, das Lauern, die scharfe Beobachtung nur um so besser. Vom Soldaten hat Octavio nur den kaltblütigen, ruhigen Muth mitten in der höchsten Gefahr, seine Feinde sagen von ihm, er tauge mehr zum Intriguiren, als zur Führung eines Heeres, was am Ende wol blos heisst, er besitze mehr staatsmännisches als Feldherrntalent, mehr Verstand, als fortreissende Macht des Willens; denn dass er hochbegabt ist, zeigt uns jede seiner Aeusserungen, wohlredend, höfisch, abgeschliffen, gewandt setzt er die Worte langsam und wohlerwogen, aber scharf zugespitzt und mitten ins Herz der Sache oder der Person dringend. Während uns bei Max eine durchaus wahre, eine deutsche Natur entgegentritt, der die natürliche angeborene Lust des Italieners zur Intrigue nicht nur fehlt, sondern sie im höchsten Grade anwidert, so ist bei Octavio die Feinheit des ultramontanen Geistes ganz unverkennbar. Er ist in diesem Betracht

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Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/186&oldid=- (Version vom 1.8.2018)