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ihr abgewiesen ward. Er drohte ihr nun sie doch aufs Theater zu bringen, und aus dieser Drohung entsprang der Name, der unsere Gustel sehr gegen ihren Willen unsterblich machte, was sie dem Dichter mit jenem Ueberfluss von Humormangel, der manchmal das sächsische Frauenzimmer kennzeichnen soll, bis an ihr Ende niemals verzeihen konnte. Sie heirathete bald nach dieser Schiller’schen Episode einen dresdener Senator Renner, starb als beinahe vierundneunzigjährige Witwe erst im Jahre 1856 und war immer höchst empfindlich, wenn die Rede auf diese unfreiwillige Rolle kam, sodass man jedenfalls annehmen darf, dass Schiller nichts von ihr benutzt hat, als eben den Namen.

Ohne Zweifel verdiente die Gustel, welche uns der Maler in so handfester, stämmiger Leiblichkeit vorführt, so wenig Aehnlichkeit sie im übrigen mit der pretiösen Frau Senatorin sicherlich hat, doch mit nicht minderm Rechte eine so ansehnliche Zahl Anbeter, und wir werden kaum irren, wenn wir annehmen, dass unter ihnen ein guter Theil sich ihrer Freundlichkeit zu erfreuen hatte. Sagt doch ihr „alter Bekannter“, der „lange Peter von Itzehoe“, selber:

Was haben die Herren vom Regiment
Sich um das niedliche Lärvchen gerissen!

Diese Glanzperiode ist nun freilich in der Hauptsache schon vorbei, das niedliche Pflänzchen ist etwas ins Kraut geschossen, in diesen unendlichen Kämpfen gestählt und wetterhart geworden. Sie ist eine stark gefestete, ihren Schwerpunkt in sich findende Persönlichkeit schon darum, weil „der Schottländer, mit dem sie damals herumgezogen“, fort ist mit allem, was sie sich erspart, und ihr nichts liess, als „den Schlingel da“, den der Schulmeister einfängt. Hat der Schottländer ihr einen guten Theil der materiellen Früchte dieser Campagnen fortgenommen, so konnte er doch nicht alle Spuren derselben ebenso mit sich forttragen, wenigstens erwidert der „lange Peter“ ziemlich ungalant auf ihre Bemerkung, dass sie vieler Menschen Städte und Sitten gesehen, da sie „der rauhe Kriegesbesen fortgefegt von

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Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/219&oldid=- (Version vom 1.8.2018)