Seite:Schiller-Galerie.pdf/243

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

hier jenen feinen Unterschied zwischen den Pflichten des Richters und des Politikers:

Wahr ist’s, ich habe selber meine Stimme
Zu ihrem Tod gegeben im Gericht.
– Im Staatsrath sprech’ ich anders –

der wenigstens für seinen Scharfsinn, seine Gewandtheit und Geistesgegenwart spricht. Von diesen gibt er sofort eine weitere Probe, als sich Maria eine Zusammenkunft mit Elisabeth erbittet, und Burleigh letzterer davon abräth. Da weiss er gleich Elisabeth an der schwachen Seite zu fassen:

Lasst uns in unsern Schranken bleiben, Lords.
Die Königin ist weise, sie bedarf
Nicht unsers Raths, das Würdigste zu wählen.

So sagt man immer zu den Fürsten, wenn man sie zu einem dummen Streiche treiben möchte, und ein ehrlicher Mann davon abräth!

Wie er eigentlich zu beiden Königinnen steht, bekennt er mit cynischer Offenheit vor Mortimer:

Ihr seid verwundert, Sir, dass ich so schnell
Das Herz geändert gegen die Maria.
Zwar in der That hasst’ ich sie nie. . . .
Mein Ehrgeiz war es, der mich gegen Jugend
Und Schönheit fühllos machte. Damals hielt ich
Mariens Hand für mich zu klein: ich hoffte
Auf den Besitz der Königin von England. . . .
 Und nun, nach zehn
Verlornen Jahren unverdrossnen Werbens,
Verhassten Zwangs – o Sir, mein Herz geht auf! – . . . .
Täuscht mich am Ziel der Preis! Ein andrer kommt,
Die Frucht des theuern Werbens mir zu rauben. . . .
So stürzen meine Hoffnungen. – Ich suche
In diesem Schiffbruch meines Glücks ein Bret
Zu fassen – und mein Auge wendet sich
Der ersten schönen Hoffnung wieder zu.

Ein liebenswürdiger Geständniss kann man doch schwerlich machen, und man begreift nur nicht recht, wie Mortimer nach demselben noch einen Schritt weiter in seinem Vertrauen gehen mag!

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/243&oldid=- (Version vom 1.8.2018)