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Unsinn, du siegst, und ich muss untergehen;
Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.
Erhabene Vernunft, lichthelle Tochter
Des göttlichen Hauptes, weise Gründerin
Des Weltgebäudes, Führerin der Sterne,
Wer bist du denn, wenn du, dem tollen Ross
Des Aberwitzes an den Schweif gebunden,
Unmächtig rufend, mit dem Trunkenen
Dich sehend in den Abgrund stürzen musst!

Diese Blasphemie wirkt um so erschütternder und erhabener auf uns, weil uns das Naturell des Mannes, der sie ausstösst, so klar geworden ist, dass wir gerade diese Empfindung mit Nothwendigkeit in seiner Seele entstehen sehen.

Der ganze hohe, stolze Schmerz des überwundenen Genie liegt in seinem Zorn, wenn er fortfährt:

Verflucht sei, wer sein Leben an das Grosse
Und Würd’ge wendet und bedachte Plane
Mit weisem Geist entwirft! Dem Narrenkönig
Gehört die Welt.

Ja wir können die Berechtigung seines Standpunktes nicht leugnen, wenn er sagt:

Doch solchem groben Gaukelspiel erliegen!
War unser ernstes arbeitvolles Leben
Keines ernsthaftern Ausgangs werth? –

wir bewundern im Gegentheil das Echte, Heldenhafte, Kurze und Nervige dieser Sprache, jene grossartige Verachtung alles Pathos, die stolze Bescheidenheit, mit der er sein ruhmgekröntes Leben blos ein „ernstes, arbeitvolles“ nennt. Ein echt tragisches Verhängniss ist es daher, dass die Beschränkung, die Phantasielosigkeit seiner Natur ihm hier keine Brücke schlägt ins Jenseits hinüber, welches nur mit dem Gemüth geahnt werden kann, sodass er, der die Welt mit seinem Kriegernamen füllte, als einzige Ausbeute aus dem Kampfe des Lebens wegträgt

 Die Einsicht in das Nichts
Und herzliche Verachtung alles dessen,
Was uns erhaben schien und wünschenswerth.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/292&oldid=- (Version vom 1.8.2018)