Sie sollen bezahlt werden, gestrenger Herr! und sollt’ ich mein ganzes Leben hindurch ums Taglohn arbeiten müssen. Bestehen sie nur nicht so gleich auf bahre Bezahlung – Der Herr Amtmann selbst kann nicht so ungerecht seyn –
Amtm. Was ihr? Was sprecht ihr von Ungerechtigkeit – Ins Amthaus will ich euch setzen lassen. Hättet’s ohnehin längst schon meritirt mit euerer Widerspenstigkeit.
Pöll. Wie Sie wollen, Herr Amtmann! So hab ich doch mein Obdach, und verhungern werden Sie mich doch nicht lassen dürfen. Nur lassen Sie die arme Müllerinn mit ihren Kindern noch in meiner Hütte, bis die guten Leutchen ihr weiteres Unterkommen finden. Brauchen nicht erst nach dem Gerichtsfrohn zu schicken, Herr Oberamtmann! ich gehe schon selbst. (will ab.) Doch hätt’ es bey nahe vergessen – Sie legen mirs zum Vergehen aus, daß ich so manchem dürftigen Nahrungsmittel zugeführt – Ihr Bruder der Kaufmann am Wasserthore, versah sich so wenig der schnellen Ueberschwemmung, wie ich. Er wollte einige seiner Waaren noch aus dem Gewölbe retten, stand beynahe bis an die Brust im wasser – Arbeitsleute waren keine zu bekommen – Ein Theil des Gewölbes war eingestürzt, und der gute Mann in Gefahr umzukommen. Ich fuhr bey, hascht’ ihn beyn Haaren, und bracht ihn glücklich wieder empor – Sein Weib und drey Kinder schrien aus dem Fenster; riefen um Brod – ich hatte noch eins vorräthig; das bracht’ ich ihnen, und ihres Bruders Kinder konnten sich doch diesen Tag über den Hunger stillen. Ich empfehle mich, Herr Oberamtmann. (ab.)
Franz Philipp Adolph Schouwärt: Die Ueberschwemmung. , Frankfurt am Mayn 1784, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schouw%C3%A4rt_%E2%80%93_Die_Ueberschwemmung_(1784).djvu/35&oldid=- (Version vom 24.10.2016)