Seite:Schouwärt – Die Ueberschwemmung (1784).djvu/52

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Röschen. Sagt mir doch: ist er noch nicht wieder da? Wo er doch so lange bleibt, mein Willhelm! Ich bin schon so lange mit dem Bräutigamskranz fertig, und man hat noch nicht zur Kirche geläutet, – Horcht! summt nicht die grosse Glocke am Thurm? Still Mutter! still! was laufen denn die Leute dort haufenweise durcheinander?

Margr. Wo denn, mein Kind! güttiger Himmel! Ihr Verstand ist ganz zerrüttet!

Röschen. Dort – dort – da schwimmt schon wieder was. Seht, seht! ein blutjunger Mensch, hat einen Greis beym Haar – wie fest er ihn pakt! – wenn er ihm nur nicht wehe thut! – Weh! weh! der alte Mann taucht unter! da schwimmt jezt der junge Mensch allein, wie traurig er aussieht! Er muß den alten recht lieb gehabt haben, so lieb wie einen Vater! Wie sie mit so vielen Kähnen auf ihn zufahren! Sie fragen ihn gewis, warum er den alten armen Mann ins Waßer hat fallen lassen – Jetzt bringen sie ihn ans Ufer; wie ihms Wasser von seinen langen Haaren herabrinnt – er ist ja ganz erstarrt – Sie ringen die Hände; schreien sie nicht, Willhelm? Willhelm! Gott! er ist todt, todt! Willhelm mein Willhelm! (stürzt ab)

Lieschen. Schwester Schwester, so bleib doch (eilt ihr nach.)

Margrethe (ist auf einen Stuhl gesunken nach einer Pause) O ich unglückliche Mutter! warum hat mir der Himmel nicht meine Sinne genommen? das all sehen, das all erleben zu müßen.

Empfohlene Zitierweise:
Franz Philipp Adolph Schouwärt: Die Ueberschwemmung. , Frankfurt am Mayn 1784, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schouw%C3%A4rt_%E2%80%93_Die_Ueberschwemmung_(1784).djvu/52&oldid=- (Version vom 24.10.2016)