Seite:Sechs kurze Trauerreden. Bei Beerdigungen gesprochen von J. M. Rauch.pdf/42

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daß, nach des heiligen Chrisostomus Lehre, „die Jungfrauen die Blumen im Garten der Kirche sind und daß jungfräuliche Unschuld und Tugend über den Ehestand so weit erhaben steht, als der Himmel von der Erde entfernt ist.“[1] weihete sie sich ganz dem ehelosen Leben, und leuchtete bis zu ihrem stillen und sanften Lebensende durch einen ausgezeichneten frommen und sittsam-christlichen Wandel. Sie kannte auf Erde keinen andern Bräutigam ihrer Seele, als ihren göttlichen Erlöser. Vereint mit ihm schon auf dieser Erde wird sie am Ziele ihrer Bahn nun auch mit brennender Lampe zum seligen Hochzeitmahle des himmlischen Bräutigams eingegangen seyn, und in ewiger Freude den Lohn für ihre Tugenden ärnten. –

Dieses ist der kurze Lebensumriß der so eben in’s Grab gesenkten christlichen Jungfrau. –

Oh wie glücklich schätzte ich mich, wenn ich allen Euren Töchtern und Söhnen, versammelte Zuhöhrer! ein solches Zeugniß geben könnte! Aber ach! mit welcher Wehemuth muß das Herz des Menschenfreundes erfüllet werden, wenn er die heutige Jugend betrachtet! – Wie weit


  1. Sieh dessen Werklein über die Jungfrauschaft c. 10. 11. etc.