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Wasserstäubchen gerissen wurde und Onkel Wendel mit seinem Mikrogen auf ein anderes! Wer sollte mich jemals wieder finden? Und was sollte aus mir werden, wenn ich in meiner Kleinheit von ein Sechzigtausendstel Millimeter mein Lebelang bleiben mußte? Was war ich unter den Menschen? Gulliver in Brobdignak läßt sich garnicht damit vergleichen, denn mich konnte überhaupt niemand sehen! Meine Frau, meine armen Kinder! Vielleicht sogen sie mich mit dem nächsten Atemzuge in ihre Lunge, und während sie meinen unerklärlichen Verlust beweinten, vegetierte ich als unsichtbare Bakterie in ihrem Blute!

„Schnell, Onkel, nur schnell!“ rief ich. „Gieb uns unsere Menschengröße wieder! Die Seifenblase muß ja sofort platzen! Ein Wunder, daß sie noch hält! Wie lange sind wir denn schon hier?“

„Keine Sorge,“ sagte Onkel Wendel ungerührt, „die Blase dauert noch länger, als wir hier bleiben. Unser Zeitmaß hat sich zugleich mit uns verkleinert, und was du hier für eine Minute hältst, das ist nach irdischer Zeit erst der hundertmillionste Teil davon. Wenn die Seifenblase nur zehn Erdsekunden lang in der Luft fliegt, so macht dies für unsere jetzige Konstitution ein ganzes Menschenalter aus. Die Bewohner der Seifenblase freilich leben wieder noch hunderttausendmal schneller als gegenwärtig wir.“

„Wie, du willst doch nicht behaupten, daß die Seifenblase auch Bewohner habe?“

„Natürlich hat sie Bewohner, und zwar recht kultivierte.

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Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/12&oldid=- (Version vom 20.8.2021)