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entfernen, als die Thür aufs neue sich öffnete und Anarcharsis hereintrat.

„Ich habe mich etwas verspätet,“ sagte dieser, „aber ich gehöre ebenfalls zu den sieben Weisen; mein Zeuge ist Ephorus bei Diogenes Laertius, und ich sehe nicht ein, warum er unglaubwürdiger sein sollte als Platon, Pausanias, Plutarch oder irgend ein anderer.“

„Gewiß meine Herren,“ rief Klio vermittelnd, „Sie sind uns alle herzlich willkommen; hatten wir doch kaum zu hoffen gewagt, daß es unter den Menschen neun Weise gegeben hat.“

„So viele, wie unter den Göttinnen,“ sagte Solon mit einer galanten Handbewegung.

„Verzeihen Sie,“ rief da plötzlich ein neu Hinzutretender, „ich bin Epimenides, ebenfalls ein Weiser, Clemens sagt es mit Bestimmtheit; auf Dikäarchos brauchen Sie nichts zu geben. Ich stamme aus Kreta, und ich versichere Sie, daß die Kreter keine Lügner sind.“

Hinter ihm drängte sich noch ein ganzer Schwarm in die Thür, sie alle nannten ihre Namen und jeder berief sich auf einen Autor, der ihn zu den sieben Weisen zähle. Da waren noch Akusilaus, Leophantus, Pherekydes, Aristodemus, Pythagoras, Lasus, Anaxagoras, Pamphilus, Pisistratus, Linus, Orpheus und Epicharmus. Und als die Musen ihre Gäste zählten, da stellte es sich heraus, daß statt sieben nicht weniger als zweiundzwanzig gekommen waren, welche alle ihren Anspruch, zu den Weisen zu gehören, urkundlich beglaubigen konnten.

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Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/125&oldid=- (Version vom 20.8.2021)