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Mannigfaltigkeit dieser Wirklichkeit vermag keine Traumvorsehung, kein klügelndes und wohlgemeintes Denken zu überblicken, geschweige denn zu regeln. Dein Traumkissen lieferte Selbstgefühl und Aufopferung; aber was bei dem Liebenden sich in freundliche Harmonien löst, bei dem Parteimann geht es in beängstigenden Kampf über. Das Glück der Liebenden wächst mit der Hingabe der Persönlichkeit, das Glück der Völker fordert die freie Entwicklung der Einzelart.“

„Aber,“ unterbrach ihn Amalie fragend, „dann steht es doch mit Deiner Traumfabrikation eigentlich recht bedenklich.“

„Nicht schlechter und nicht besser als mit allen anderen menschlichen Vorausberechnungen. Das Leben ist zu bunt, glücklich allein ist die Seele —“

„Stoßen wir an,“ sagte Siebler, wieder an den Tisch tretend, „auf den glorreichen Sieg des Menschengeistes über das Schicksal, auf die Herrschaft des Kunsttraums, des sicheren Führers des Kulturfortschritts!“

Die Gläser klangen, die Liebenden drückten sich die Hände. In ihren Augen lasen sie etwas, das sicherer war als Schlaf und Traum; aber sie sagten es natürlich nicht. Einem Kulturideal widerspricht man niemals.

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Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/158&oldid=- (Version vom 20.8.2021)