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     Wollt ihr die Zeit gewissenhaft verwenden,

Studiert zuvor ein Lehrbuch der Chemie;
Denn Seifenblasen kann man erst entsenden,
Wenn Fett gebunden sich an Alkali.
Und weil sich Kunst wird anders nie vollenden

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Als durch Natur und wahre Empirie,

So übt nur brav die Seifensiederei —
Dann will ich lehren, was das Schöne sei.

     Ihr denkt vielleicht, schön sei der lichte Thau
Im Morgenschein am grünen Bergeshange?

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Schön sei das Auge der geliebten Frau,

Die sanfte Glut, gehaucht auf ihre Wange?
Verzeiht! Was schön ist, wissen wir genau
Und wir behaupten’s mit der Wahrheit Zwange:
Schön ist, was von Interesse frei sich hält,

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Nicht als Begriff, doch allgemein gefällt.


     Und durftet ihr so leicht, was schön ist, lernen,
(Ich hoffe doch, daß jeder es kapiert,)
Gebt acht, ob wir auch nirgend uns entfernen
Von der Erklärung, die wir acceptiert.

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Der gilt uns wenig unter den Modernen,

Der nicht als Künstler theoretisiert
Und schnell für sein ästhetisches Interesse
Sich ein Organ begründet in der Presse.

     Nun denn — Wer zweifelte, daß Seifenwasser

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Das Wohlgefallen allgemein erregt?

Brummt dort vielleicht ein dunkler Menschenhasser,
Wenn man das Haus durchscheuert, kehrt und fegt?
Mit Unrecht schilt der zürnende Verfasser,
Wird ihm dabei ein Manuskript verlegt, —

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Denn hin und wieder eingeseift zu werden

Ist schließlich doch der Dinge Los auf Erden.

Empfohlene Zitierweise:
Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/2&oldid=- (Version vom 21.8.2021)