Wo die Halde sich senkt am Bergeshang, rieselt ein Quell im feuchten Wiesengrund, ehe er sich schäumend in die dunkle Waldschlucht stürzt. An seinem Laufe zog der Morgennebel in die Höhe. Die weißen Streifen wehten über die hohen Gräser hin, zwischen denen der Quell sich verbarg. Mit ihren schlanken Ähren hatten sie die Nacht hindurch nach den Sternen am klaren Himmel geschaut, aber die Sterne hatten sich nicht gerührt, und so waren die Gräser kalt geworden, eisig kalt, und anders erdienten’s die Sterne auch garnicht.
„Das ist die richtige Temperatur,“ sagte der Nebel, als er über die Halme strich. „Man muß sich konzentrieren, ehe die Sonne kommt.“ Und da hing ein Tröpfchen an jedem Halme.
Die Sonne kam und die Tröpfchen glänzten in bunten Farben, aber sie wurden immer kleiner, zuletzt waren sie völlig verschwunden, und sie wußten nichts von der ganzen Geschichte. Die andern Tropfen aber, die im Schatten hingen, meinten, es sei ihnen recht geschehen, und das hätten sie nun von der Sonne; aber
Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/209&oldid=- (Version vom 20.8.2021)