beigewohnt? Wie kam das Leben auf die Erde?“
Das wenigstens weiß ich, dachte Tröpfchen.
„Als der Glutball der Erde aus dem planetarischen Nebel sich ausschied und erstarrte, als nach Jahrmillionen im schlammigen Grunde des heißen Urmeers zwischen komplizierten Molekülen die ersten diosmotischen Erscheinungen auftraten, da war die Geburtsstätte des Protoplasmas. Aber war es auch die Geburtsstätte des Bacillus? Wieviel Millionen von Jahren mußten weiter verfließen, ehe die Bedingungen seines Lebens erfüllt wurden, da sie das Leben der andern voraussetzen? Nein, meine Herren, der Bacillus ist keine Urform, er ist die Endform alles Daseins, er ist das höchste und vollkommenste Wesen in der Welt des Lebens! Der Mensch herrscht über die Natur, aber der Bacillus herrscht über den Menschen. Der Mensch bewohnt das Planetensystem, aber der Bacillus bewohnt den Menschen. Welches Weltsystem mag er sich von dem komplizierten Weltsystem seines lebendigen Wohnorts entworfen haben? Wie berechnen seine Astronomen den Umlauf des Blutes? Wonach bestimmen seine Staatsmänner die Anlage von Kolonien? Welches mögen seine sittlichen Maximen sein? Sicherlich besitzt er solche! Denn rücksichtslos wie der Mensch zerstört er fremdes Leben zu eigenen Zwecken, wandelt er die Natur um durch seine Arbeit. Und unaufhaltsam vermehrt sich sein Geschlecht. Meine Herren! Denken Sie sich einen Riesen, der das Gewimmel der Menschheit
Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/236&oldid=- (Version vom 20.8.2021)