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Epilog.
Die Lesende.




Dacht’ ich es doch, man werde den Platz, den stillen, mir rauben
     Den ich gestern am Hang unter der Linde gewählt.
Wie behaglich die Rast, wie kühl der dämmernde Schatten!
     Und durchs liebliche Thal schweifte der träumende Blick

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Über die Höhen hinaus ins Land; vom Glanze des Himmels

     Zum erquickenden Grün kehrt er der Wiese zurück.
Also fliegt der Gedanke hinaus in unendliche Weiten,
     Ein gefälliges Wort bindet ihn willig im Vers.
Hier am lauschigen Platz versprach die Muse zu weilen,

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     Wenn ich heiligen Sinns stiege den Hügel hinan.

Und die Gestalt im hellen Gewand und schützenden Hute,
     Leicht an die Linde gelehnt, sollte die Muse mir sein?
Ach, sie liest! Ihr Götter! So ärmlich nährt ihr die Seele
     Mit erborgtem Geschwätz? Glüht nicht der Äther um euch?

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Haucht nicht rings der harzige Tann ambrosische Düfte?

     Gaukeln die Falter euch nicht Tänze der Liebenden vor?
Raunet der Wind nicht säuselnd um euch unsterbliche Lieder,
     Und mit heiterem Mut prahlt der geschwätzige Bach?
Und sie liest! Und mußte darum der Stadt sie enteilen?

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     Neckische Geister des Walds, scheuchet die Fremde mir auf!

Tummle dich um das verschlossene Ohr, hellsummende Fliege,
     Laß vor den Augen dich ihr, spinnende Raupe, herab!
Und du, rauschender Wind, ergreife die Blätter des Buches,
     Unter der zierlichen Hand hauche die Zeilen hinweg! —

Empfohlene Zitierweise:
Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 259. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/259&oldid=- (Version vom 20.8.2021)