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gleichgiltig sind. Staub ist Staub und sollte garnicht geduldet werden.“

„Warum nicht?“ fragte Richard ruhig. „Glauben Sie nicht, daß jedes von diesen kleinen Stäubchen seine Geschichte hat, jedes vielleicht seinen eigenen Charakter und eine Aufgabe im großen Wirbeltanz, den man Welt nennt?“ „Immer besser!“ erwiderte Lenore spottend. „Nächstens behaupten Sie, daß auch das Sandkörnchen dort in der Cigarrenasche auf dem Fensterbrett einen Roman erlebt habe.“

„Ganz gewiß hat es ihn erlebt.“

„Das heißt, der Wind hat es irgend einmal hereingeblasen und wird es wieder hinausblasen!“

„Aber wie wollen Sie wissen, woher und wohin? Das Körnchen und jenes Stäubchen, das dort wieder im Sonnenlicht aufblinkt, vielleicht haben sie sich seit Jahrtausenden nicht gesehen und begrüßen sich gerade jetzt mit zärtlichen Blicken? Vielleicht sind sie selbst berufen, in unser Leben einzugreifen und seinen Gang zu entscheiden?“

„Sie werden unheimlich, Richard. Es ist nicht behaglich, sich überall unter mysteriösen Gestalten und Gewalten zu sehen. Verzeihen Sie mir, das sind Phantastereien, die ich nicht liebe. Ich sehe die Sachen, wie sie sind, und dann weiß ich, was ich zu thun habe. Aber natürlich — Sie sind ja ein Dichter, warum sollen Sie nicht die Sprache des Staubes verstehen? Ich begnüge mich damit, ihn abzuwischen.“

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Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 026. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/26&oldid=- (Version vom 21.8.2021)