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Als Richard nichts erwiderte, fragte sie: „Nun — und klebt es noch immer?“

„Es wurde ganz eingesargt,“ antwortete Richard. „In’s stille Heiligtum drang der Lärm der Waffen, Römerkrieger schleppten die Gefäße heraus, die goldene Schale ward zu einem Klumpen zusammengeschlagen und eingeschmolzen, und das Glimmerblättchen geriet zum Unglück in irgend ein Goldstück. In tiefem Schlummer lag es im goldenen Sarge und mit ihm schlief die Sehnsucht. Denn nur im Lichte leben die Sonnenstäubchen und irren flatternd umher nach unbekanntem Ziele. Das Gold rollte seinen Weg durch der Menschen Hände ein Jahrtausend lang, gierig streckten sich die Finger danach aus, nach dem Sonnenstäubchen fragte niemand.

Richard schwieg und Lenore unterdrückte ein leichtes Gähnen. „Die römischen Goldstücke sind etwas plump,“ sagte sie. „Ich habe eine Brosche aus einem solchen – – Himmel, wir haben doch die kleine Brosche nicht vergessen?“

„Sie ist im Koffer,“ antwortete die Mutter mit halbgeöffneten Augen und legte das Taschentuch unter ihre Wange, um besser weiter zu schlummern.

Richard sah stumm zum Fenster hinaus. Ich wußte es, dachte er schmerzlich bewegt. Was kümmert sie das Stäubchen, das der Sturm vom Gipfel des Parnassos riß, um es unverstanden zu begraben?

„Was wurde nun aus dem Goldstück?“ fragte Lenore. „Das möchte ich doch wissen, vielleicht wird es jetzt lustiger.“

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Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/30&oldid=- (Version vom 20.8.2021)