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mathematischen Physik noch nicht zum gewohnten Gedankengang meines Sprößlings gehören —“

„Nicht übel, hm!“ nickte Onkel Wendel. „Hast es so ziemlich getroffen. Kannst es nicht erklären, nicht mit gewohnten Vorstellungen verbinden — giebt gar keinen Anknüpfungspunkt. Das ist es eben! Erfahrung des Kindes — ganz andere Welt — giebt Dinge, für die alle Verbindung fehlt. Ist überall so! Der Wissende muß schweigen, der Lehrer muß lügen. Oder er kommt ans Kreuz, auf den Scheiterhaufen, in die Witzblätter — je nach der Mode. Mikrogen! Mikrogen!“

Die beiden letzten Worte murmelte der Onkel nur für sich. Ich hätte sie nicht verstanden, wenn ich nicht den Namen „Mikrogen“ schon öfter von ihm gehört hätte. Es war seine neueste Erfindung.

Onkel Wendel hatte schon viele Erfindungen gemacht. Er machte eigentlich nichts als Erfindungen. Seine Wohnung war ein vollständiges Laboratorium, halb Alchymistenwerkstatt, halb modernes physikalisches Kabinett. Es war eine besondere Gunst, wenn er jemand gestattete einzutreten. Denn er hielt alle seine Entdeckungen geheim. Nur manchmal, wenn wir vertraulich beisammensaßen, lüftete er einen Zipfel des Schleiers, der über seinen Geheimnissen lag. Dann staunte ich über die Fülle seiner Kenntnisse, noch mehr über seine tiefe Einsicht in die wissenschaftlichen Methoden und ihre Tragweite, in die ganze Entwicklung des kulturellen Fortschritts. Aber er war nicht zu bewegen, mit seinen Ansichten hervorzutreten, und darum auch nicht mit seinen

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Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/6&oldid=- (Version vom 20.8.2021)