Welch primitive Hochstapelei! Alle starben sie mit der reservatio ihrer Größe (pfui Teufel!) auf den letztwortig arrangierten Lippen. Auch Voltaire und Montaigne. Pfui Teufel! … (Man muß weder Kant gelesen haben noch Nietzsche: es genügt, sich an einem Satz das Kotzen geholt zu haben …)
19º Nein, es ist nicht wahrscheinlich. Diese Jammerwesten haben es sich nicht eingestanden. Hat man wirklich, auch nur einmal, diese fürchterliche Öde um einen (man halte mich!) – großen Gedanken erlebt, diese grenzenlose Langeweile, die von ihm ausgeht, dann kann man nicht anders: man löst seinen Krampf und – wütet um sich, gegen sich …
20º lob ich mir den Asiaten. Er lebt für nichts und wieder nichts; allenfalls für sein dolce f. n., das nur der einfache Ausdruck für die erfreuliche Absicht ist, sich nicht zu bemerken. Ein erhabener Faulenzer! (Der Europäer lebt manchmal für ein Tuskulum, in dem es dann wieder weidlich bunt zugeht, also sehr langweilig.) Deshalb hat der Asiate auch keine Ki- Ka- Kunst und ist kein soignierter Räuber G. m. b. H., der in Geschäftsbriefen die Klassiker zitiert (der Glaubensdränger). Ich habe einmal in einem kleinen Café in Genf einen Inder gesehen, der einen ganzen Nachmittag lang, bewegungslos geradeaus glotzend, dasaß. Es war, als ob er mit offenen Augen schliefe (gut, gut) … Wie ekelerregend wird von hier aus die knüllige Ambition der Geistportiers, gute Europäer zu sein. Globe-Trottel! Glaube-Trottel!!
21º Bitte nur kein orientiertes Wimpernklimpern! Kein begeistertes Lippenbeißen! Jeder Enthusiasmus ist prekär: das peinliche Eingeständnis, daß man es nicht besser machen kann und auch nichts weiß. Deshalb sollen für schärfere Ohren zusammenhängende Begründungen (auch
Walter Serner: Letzte Lockerung. Paul Steegemann Verlag, Hannover 1920, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Serner_-_Letzte_Lockerung,_1920.djvu/17&oldid=- (Version vom 9.9.2019)