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nun schroten für uns und das ganze Dorf, ein alter Mann mit einem alten Schimmel brachte uns das Mehl zum groben Brot und Gerstenschrot für die Schweine. Was sonst aus uns geworden wäre, weiß ich nicht. Sowie ich Getreide oder Schrot auf den Speicher bringen ließ, stahlen es die Russen fort, diese paar Zentner konnten immer im Hause verwahrt werden, und Brotmehl für das ganze Dorf wurde auch hier verteilt. An einem Tage wurde aber auch selbst dieser alte Mann nicht durchgelassen, trotzdem er schon immer Schleichwege fuhr. Es zogen tagelang Truppen durch, viele kamen heran und bekamen Butter, Brot und Milch. Man hatte das Gefühl, daß wir die Russen sehr unterschätzt hatten, sie waren meistens gut und praktisch gekleidet und sehr gut bewaffnet. Offiziere sagten, die schlimme Sorte käme erst, für sie sollten wir uns auch Essen parat halten, wir vermuteten Don-Kosaken, entsetzlich aussehende Menschen mit gelben knochigen Gesichtern, Schlitzaugen und langen schwarzen Haaren. Der Gedanke ließ uns an dem Tag kaum aufatmen, wir erwarteten jeden Moment die sengende und räubernde Bande. Im Nachbarstädtchen Barten sahen wir es am Abend mehrfach aufflammen, auch sonst war jeden Abend der Himmel rot von vielen Feuern, wir zählten einmal von unserm Turm 14 Feuer. Jeden Abend dachte man: Morgen kommst du gewiß heran! Aber

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Sally Innes Siegfried: Aus der Russenzeit Ostpreußens. Verlag von Hapke & Schmidt, Berlin 1915, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SiegfriedAusDerRussenzeitOstpreussens.pdf/21&oldid=- (Version vom 1.8.2018)