Seite:SiegfriedAusDerRussenzeitOstpreussens.pdf/40

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sich aus den Fenstern verteidigen. Müßten sie ganz räumen, würden sie uns alle vorher im Keller vor Wut tot machen. Wir sollten früh um 5 Uhr anspannen lassen und in den Skandlacker Wald fahren. Gott sei Dank kam es noch nicht dazu. Später am Abend erzählten Frauen, die ganze Chaussee wäre schwarz von Kanonen und Fahrzeugen, Kavallerie und Infanterie, alles zog nach Drengfurt zu. Wenn die Kanonen von der Mühle doch nur auch mit ziehen möchten, das war unsere Hoffnung, die sich nachher auch erfüllte. Am nächsten Tage kamen wieder mehrere Patrouillen und abends um 9 Uhr etwa ritten die letzten Russen durchs Dorf, sie waren noch in Hörweite, da kamen plötzlich Ulanen angesprengt und sagten „Guten Abend“ und fragten, ob hier Russen gewesen usw. Sie möchten sich nur ganz leise verhalten, sagten die Frauen, die Russen wären vor zwei Minuten noch da gewesen. Sie jubelten innerlich vor Freude und konnten vor Aufregung über diese ersten deutschen Laute kaum berichten. Kosaken plünderten am nächsten Tag im Dorf, nahmen den Leuten Uhren fort, durchsuchten die Wohnungen und hausten wie Räuberbanden, ein Mann mußte sich schon hin knien, den sie erschießen wollten; da kam gerade ein Offizier vorbei und sagte, sie sollten ihn laufen lassen, es wäre doch ein alter Krüppel. Einen andern alten Mann hatten sie einmal schon ans

Empfohlene Zitierweise:
Sally Innes Siegfried: Aus der Russenzeit Ostpreußens. Verlag von Hapke & Schmidt, Berlin 1915, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SiegfriedAusDerRussenzeitOstpreussens.pdf/40&oldid=- (Version vom 1.8.2018)