du mir bloß Holz und Wasser beitragen, die Erdäpfel schälen und Feuer anmachen.“ Hans tat alles, was ihm sein Herr hieß, und der Herr war zufrieden mit Hans. Eines Tages sprach der Herr zu Hans: „Höre, Hans, ich gehe fort und du mußt allein daheim bleiben; schließe abends immer gut zu und laß keinen Menschen ins Haus. Kochen kannst du dir, was du willst; Zeug ist da dazu.“ Hans versprach, alles richtig zu tun; dann ging der Herr fort. „Ich werde lange ausbleiben,“ sagte er noch zu Hans. Die erste Zeit krabbelte Hans so im Haus herum, aber allmählich wurde ihm doch die Zeit lang. Als er nun wieder einmal so alles im Hause herumstürte, fand er in einem Lädle (Trühlein) Bücher. Gott sei dank! sagte Hans, jetzt hab ich doch äbbes zum Lesen. Hans fing an, in den Büchern zu lesen, aber da ging es ihm nicht zum besten; vieles verstand er nicht und dann waren so viel Haken und Schnörkel drinnen, welche er auch nicht kannte. Dem Hans ging ein Licht auf: sein Herr war ein Hexenmeister (ein Zauberer). Sobald nun Hans allemal seine Arbeit getan hatte, setzte er sich über die Bücher, simulierte und grübelte drin rum. Ueber dem Grübeln verging dem Hans die Zeit und er wurde es so gar nicht weiß, daß er allein war. Nach einem halben Jahre konnte Hans die ganzen Bücher auswendig und konnte auch das Hexen perfekt. Eines Tages ging er ein Stück in den Wald hinein, um Holz zu lesen und als er wieder heimkehrte, wunderte er sich, daß die Tür auf war; er wußte doch, daß er zugeschlossen hatte. Als er in die Stube kam, stand sein Herr darin, hatte ein Buch in der Hand und bitzelte vor Zorn. „Du Schlingel!“ sprach er, „du hast in meinen Büchern gelesen, ich habe es daran gesehen, wahrscheinlich hast du auch das Hexen gelernt.“ Hans spannte, daß die Geschichte dreckig werden könnte und schlitzte aus. Er dachte: das Ausreißen hat kein Dummer erdacht. Aber hier nützte es nichts. Denn Hans war noch nicht vor die Tür gekommen, so war der Hexenmeister hinter ihm. Hans besann sich nicht lange, machte sich zu einem Adler und flog auf und davon. Der Hexenmeister ging in die Stube, holte ein Gewehr und schoß auf Hans, aber Hans hatte sich kugelsicher gemacht, die Kugel tat ihm nichts und er flog ruhig weiter. Der Hexenmeister sprach: Der kanns besse bi (wie) ich, den muß ich mit List dro krieg, Gewalt hilft da nichts.
Als Hans über den Wald hinaus geflogen war, guckte er sich um, und als er nichts Verdächtiges mehr sah, flog er auf die Erde und machte sich wieder zu einem Menschen. Als er so dahinging, war ihm doch nicht recht wohl; denn er dachte sich, daß ihn der Hexenmeister auf Schritt und Tritt verfolgen werde. Auf einmal sah er über sich einen Geier fliegen und Hans erkannte seinen Herrn. Hans machte sich zu einem Gaul und fing an und jackte (galoppierte), was er konnte. Während er so dahinjackte, sah er einen Bauern gehen. Auf diesen hielt er zu, und da der Bauer dachte, es sei ein durchgegangener Gaul, so fing er ihn, was sich Hans ruhig gefallen ließ. Als der Bauer so mit Hans dahin ging, kam ein nobler Herr zu ihnen, der wollte den Gaul kaufen. Dem
Karl Spiegel: Märchen aus Bayern. Selbstverlag des Vereins für bayrische Volkskunde und Mundartforschung, Würzburg 1914, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiegel_Maerchen_aus_Bayern.djvu/18&oldid=- (Version vom 1.8.2018)