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Seite:Spiegel Maerchen aus Bayern.djvu/46

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doch herbei, sich die Sachen anzusehen und der Händler setzte bedächtig einen Trog nach dem andern zu Boden und schmunzelnd auch noch den letzten. Schließlich stand das Mädchen da, frisch und gesund. Was das für eine große Freude auf beiden Seiten war, kann man sich denken. Auch der Händler fuhr vergnügt davon, der unterste Backtrog war ihm gar gut bezahlt worden.

Allein die Räuber gaben sich damit nicht zufrieden. An einem Sonntag Morgen, wo die anderen in die Kirche waren und die Jüngste allein zuhause war und die Suppe bereitete, kam der Hauptmann allein und suchte die verschlossene Türe zu erbrechen. Kurz entschlossen griff sie zu einer Hacke und hieb damit dem Andringenden so wuchtig über den Kopf, daß er in seinem Schmerz entfloh.

Nach einiger Zeit kam er aber wieder. Er war prächtig gekleidet als ein Fürst und hielt beim Müller um die Hand seiner schönen Tochter an. Den Vater, der ihn nicht kannte, bestach das schöne Gewand, so daß er zusagte, doch wolle er auch das Mädchen selbst noch fragen. Das war indes kaum zur Tür hereingetreten, als sie im Gesichte des jungen Mannes die Schramme erblickte, die der Hieb, den sie ihm neulich beigebracht, hinterlassen. So wiedererkannt, mußte er schnell wieder fort, daß ihn nicht die Rache des Müllers und seiner Leute ereilte.

Da er allein nichts ausrichtete, kam der Hauptmann mit den vierzig Räubern zugleich vor die Mühle. Es war wieder ein Sonntag früh und das Mädchen allein zuhause. Sie suchten nun alle Türen zu sprengen. Von der Küche führte aber ein gedeckter Gang zum Stall. Dorthin eilte das Mädchen, raffte schleunig Stroh zusammen, band es überm Knie, zündete es an und steckte den Stall in Brand. Noch ehe die Räuber hierher kamen, wurde die Flamme gesehen. Der Pfarrer machte die Kirche eher aus. Alles eilte herzu. Die Räuber wurden gefangen und dann hingerichtet.

Nun war alles froh, von den schlimmen Gesellen erlöst zu sein. Am meisten freuten sich aber doch die Müllersleute. Und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie heute noch!


Die Märchen-Erzählung erzählte ein Mann aus Ebersbach b. Neukirchen a. Br. in Erlangen 1898. Nach seiner Aussage stammt sie aus Muggendorf (O.-Fr.). Aufgeschrieben und mitgeteilt durch Herrn Dr. Heerwagen, Bibliothekar am Germanischen Museum in Nürnberg. Von der Erzählung wurde „nichts hinzugesetzt und nichts davon weggelassen;“ gleichzeitige Aufschreibung. (Urschrift.)

Empfohlene Zitierweise:
Karl Spiegel: Märchen aus Bayern. Selbstverlag des Vereins für bayrische Volkskunde und Mundartforschung, Würzburg 1914, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiegel_Maerchen_aus_Bayern.djvu/46&oldid=- (Version vom 1.8.2018)